Auf Initiative von Vertreter:innen des wissenschaftliches Personals hat der Akademische Senat am 16. Oktober 2025 den Antrag „Zum 87. Jahrestag der Reichspogromnacht: Tätiges Erinnern für die gleiche Würde aller!“ (SV XXIX/821/67) beschlossen.
Anders als bisher üblich wurde der Antrag nicht einstimmig beschlossen, sondern mit einer Enthaltung. Der stärkste Widerspruch kam ausgerechnet aus den Reihen der studentischen Vertreter (RCDS). Wir wirken weiter für antifaschistische Aufklärung in den demokratischen Gremien der Universität.
Am 9. November diesen Jahres jährt sich die Reichspogromnacht von 1938 zum 87. Mal. Direkt neben der Universität Hamburg, auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz, wurde die Bornplatz-Synagoge geschändet. Bürgerinnen und Bürger, die von den Nazis antisemitisch verfolgt wurden, wurden in dieser Nacht systematisch terrorisiert, beraubt, misshandelt, verschleppt und ermordet.
Der Sturz in die Barbarei begann bereits früher: In einer umfassenden Krise der Gesellschaft und Ökonomie wurden Elitarismus, Ressentiment, autoritäre Staatlichkeit, Militarismus und Rassismus gesteigert. Es war im Interesse der Eliten aus Wirtschaft, Militär und Großgrundbesitz, dass die Nazis gegen „Sündenböcke“ hetzten, um die Möglichkeit einer sozial fortschrittlichen und friedlichen Krisenlösung zu unterdrücken. Die offene Verfolgung und Vertreibung zahlreicher Mitglieder der Universität begann bereits vor der Machtübertragung an die NSDAP. Es wurden deren jüdische Herkunft bzw. progressive, humanistische Haltung zum Anlass genommen, sie anzugreifen und „auszumerzen“. Dass dies erfolgen konnte, hatte auch eine Ursache in einem eklatanten Mangel an Zivilcourage unter Intellektuellen an den Universitäten. Sofern die Verfolgten überlebten, waren sie auf die Solidarität von Menschen in der ganzen Welt, auf Asyl und Widerstand angewiesen.
Die Befreiung von Nazi-Herrschaft und Weltkrieg war ein internationaler Wendepunkt. Sie gelang durch eine weltweite und Anschauungen übergreifende Zusammenarbeit aller antifaschistischen Kräfte. Dieses humanistische Bündnis begründete als Konsequenz für eine bessere Zukunft die Vereinten Nationen. Deren Charta sowie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurden entwickelt und setzen – ebenso wie das Grundgesetz – die gleiche Würde aller Menschen an die erste Stelle. Dies war und ist seither verbunden mit der Einsicht, dass Gewalt als Mittel der Politik überwunden werden muss und alle Bevölkerungen und Staaten die Verantwortung tragen, den Frieden zu erhalten oder auf schnellstem Wege herzustellen.
Aus der Mitverantwortung der Universität für Nazibarbarei und Weltkrieg ergibt sich heute unser Anspruch und die Aufgabe, das historische Erinnern wachzuhalten und für die gleiche Würde aller Menschen couragiert zu forschen, zu lehren, zu lernen und öffentlich zu wirken!
Der Akademische Senat ruft alle Mitglieder der Universität zur Beteiligung an den Gedenk- und Erinnerungsveranstaltungen auf. Dazu gehört die Mahnwache der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und der Universität Hamburg zur Reichspogromnacht am Samstag, den 9. November 2025 um 13:00 Uhr auf dem Joseph-Carlebach-Platz (Grindelhof). Weitere Informationen: https://hamburg.vvn-bda.de/event/mahnwache-zur-reichsprogromnacht

