Auf Antrag von CampusGrün, Liste LINKS, SDS* und junge sozialist:innen & fachschaftsaktive hat das Studierendenparlament in der Sitzung vom 21. November 2024 den Antrag „Zivilklauseln & Friedenswissenschaft stärken!“ beschlossen.
Zivilklauseln & Friedenswissenschaft stärken!
Das Studierendenparlament unterstützt die Petition zur Stärkung der Zivilklausel und Friedenswissenschaft im DESY, und damit in allen wissenschaftlichen Einrichtung:
„Die Öffnung ziviler Forschungseingrichtungen für militärische Projekte ist NICHT IN UNSEREM NAMEN! / Opening civil research facilities to military projects is NOT IN OUR NAME!“.
Das Studierendenparlament fordert das Präsidium des Studierendenparlaments auf, die Fachschafsräte der Uni Hamburg über die Petition (und diesen Beschluss) in Kenntnis zu setzen, damit auch diese sich in die Auseinandersetzung involvieren können.
Das Studierendenparlament beauftragt den AStA, im Akademischen Senat der Universität Hamburg zu beantragen und einzubringen, dass dieser die Petition unterstützt und das Uni-Präsidium bittet, gegenüber dem Direktorium des DESY darauf hinzuwirken, die Zivilklausel zu stärken und die Forschungseinrichtung für militärische Zwecke nicht zu öffnen.
Die Öffnung ziviler Forschungseinrichtungen für militärische Projekte ist NICHT IN UNSEREM NAMEN!
Im Januar 2024 veröffentlichte die EU-Kommission ein „Weißbuch„, in dem besondere Anstrengungen zur Förderung der Forschung mit zivilen und militärischen Zielen (Forschung mit dual use) gefördert werden. In ähnlicher Weise veröffentlichte das deutsche Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im März 2024 ein „Positionspapier„, in dem die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Forschungseinrichtungen und die Schaffung von „Finanzierungsanreizen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen ziviler und militärischer Forschung“ gefordert wurde. In ihrem Jahresbericht für 2024 schlug die deutsche Expertenkommission „Forschung und Innovation“ vor, die vorherige Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung aufzulösen.
Diese Neuorientierung steht im grundlegenden Widerspruch zum Geist der zivilen Forschung nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs: Das Science Council von Japan erklärte 1950, „sich niemals für Kriegszwecke in der wissenschaftlichen Forschung zu engagieren“. Am internationalen Forschungszentrum CERN, wo das Higgs-Boson 2012 gefunden wurde, fordert die Satzung von 1954 ausdrücklich, dass es „keine Forschung für militärische Anforderungen geben darf“, und am Helmholtz-Forschungszentrum DESY in Deutschland legen die Leitlinien fest, die „Forschung dient zivilen und friedlichen Zwecken“. Darüber hinaus haben viele Universitäten sogenannte Zivilklauseln verabschiedet, um ihre Forschung und Lehre freiwillig auf rein zivile und friedliche Zwecke zu fokussieren.
Bei DESY hat das Direktorium kürzlich eine Diskussion gestartet, ob die Beschränkung der Forschung auf zivile und friedliche Zwecke noch angemessen ist oder ob militärische Forschung im Labor erlaubt sein sollte.
Zusätzlich zu den tiefen ethischen Auswirkungen, die durch die Öffnung ziviler Forschungszentren und Universitäten für militärische Zwecke aufgeworfen werden, hätte diese Entwicklung Auswirkungen:
- durch die Umleitung finanzieller und intellektueller Ressourcen aus grundlagen- und friedensorientierter Forschung;
- auf die friedensbildende Mission der Wissenschaft und Wissenschaftsdiplomatie;
- auf gravierende Art auf die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit;
- auf die Publikationspflicht von allen wissenschaftlichen Ergebnissen;
auf gravierende Art auf die Ausbildungskultur an Forschungszentren und Universitäten für junge Studierende und Auszubildende; - auf Zugangserlaubnis und Sicherheitsmaßnahmen in Instituten, insbesondere für internationale Besucher, und den Ausschluss von Wissenschaftlern aus bestimmten („unfreundlichen“) Ländern;
- auf die freie Wissenschaft, da der offene Zugang zu bestimmten wissenschaftlichen Ergebnissen eingeschränkt wird.
Wir fordern die Intensivierung der zivilen und friedensbildenden Forschung, anstatt zivile Einrichtungen für die militärische Forschung zu öffnen. Nur so können wir mit den großen, drängenden globalen Problemen wie dem Klimawandel und der sozialen Gerechtigkeit fertig werden, dazu beitragen, die ständig wachsende Gefahr eines Atomkriegs zu verringern, eine Lebensmöglichkeit für alle auf der Erde zu schaffen und das Überleben der Menschheit als Ganzes zu gewährleisten.
Wir, die unterzeichneten Wissenschaftler und Mitarbeiter von Forschungs- und Bildungseinrichtungen,
- bekräftigen nachdrücklich unsere Weigerung, in irgendeiner Form an Projekten mit militärischen Zielen teilzunehmen (gemäß der CERN-Satzung und der Erklärung des Science Council von Japan)
- fordern, dass die Zivilklauseln zum Standard für die Forschung werden und erweitert werden, so dass sie zu einer Vorlage für die internationale Zusammenarbeit werden,
- fordern die Ausweitung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit zivilen Zielen in Übereinstimmung mit den Zivilklauseln, um die wichtigen und drängenden Fragen der Menschheit lösen zu können,
- drängen darauf Bildungseinrichtungen, die durch Kriege zerstört wurden, wieder aufzubauen und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit allen Regionen, die von Kriegen und militärischen Konflikten betroffen sind, im Rahmen der Bildungsarbeit und der wissenschaftlichen Zusammenarbeit der UNESCO zu fördern.
This call is initiated by:
Science4Peace Forum, Science4Peace@DESY
Contact: hannesjung@science4peace.com
Unterzeichnen: https://www.change.org/p/opening-civil-research-facilities-to-military-projects-is-not-in-our-name
Begründung
Die Verpflichtung zu ziviler und friedlicher Forschung steht in den Leitlinien des DESY, und die Satzung verlangt, dass “die Ergebnisse unserer Forschungsarbeiten veröffentlicht werden oder auf andere Weise der Allgemeinheit zugänglich gemacht.” werden müssen.
Am 17. Juni 2024 wurde auf der Belegschaftsversammlung vom DESY-Direktorium angekündigt, dass es Überlegungen gibt, sich in Zukunft auch für Wehr- bzw. Kriegsforschung zu öffnen. In einer Email vom 23. Juli an die Belegschaft wurden die Überlegungen konkretisiert, neben der zivilen Nutzung an PETRA III / IV soll die Nutzung im Rahmen der Sicherheit, Wehrhaftigkeit und Verteidigungsbereitschaft zugelassen werden kann.
Dieser Angriff auf die Zivilklausel ist Ergebnis einer Politik der weiteren Militarisierung der Gesellschaft und damit einhergehend eine Veränderung der Wissenschaftpolitk.
Dagegen bedarf es als antifaschistischer Konsequenz eine Ausweitung der Zivilklauseln und den Kampf um eine zivile Ausrichtung der Wissenschaft und deshalb sind auch die Mitglieder der Universität Hamburg gefordert sich gegen die Militarisierung der Wissenschaft zu äußern.
Die Universität Hamburg hat sich in ihrem Leitbild als Ziel der Universitätsentwicklung die „Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft für eine friedliche und menschenwürdige Welt“ gegeben. Die Forschung für militärische Anwendungen steht dem diametral entgegen.
[Der Beschluss als Dokument]