Aufruf zur Erinnerung an die „Reichspogromnacht“ (StuPa-Beschluss)

Aufruf zur Erinnerung an die „Reichspogromnacht“ (StuPa-Beschluss)

Auf Antrag von CampusGrün, Liste LINKS, SDS* und junge sozialist:innen & fachschaftsaktive hat das Studierendenparlament in der Sitzung vom 21. November 2024 den Antrag „Aufruf zur Erinnerung an die ‚Reichspogromnacht‘“ mit zwei Änderungsanträgen (im Text markiert) beschlossen.


„Friede muss – wenn er nicht scheitern soll – in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden.“

Aus: Verfassung der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen (UNESCO), 1945.

Zum 9. November: Würde, Gleichheit und gegenseitige Achtung aller Menschen

Wir gedenken der Opfer des antisemitischen Pogroms vom 9.11.1938, in dem auch die große Bornplatzsynagoge neben der Universität geschändet wurde und in dessen Zuge Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Kultur verfolgt, verschleppt und ermordet wurden.

Die von Nazis organisierte Gewalttat beleuchtete mit zerstörerischen Flammen den Weg zur geplanten Vernichtung des europäischen Judentums und zur Unterwerfung von weiteren Millionen Menschen.

Zugleich wurde damit eine kulturelle Überlieferung tief verletzt, die untrennbar mit dem Aufkommen und der Verbreitung von Humanismus und Aufklärung verbunden war und ist: Auch in Hamburg war reges wissenschaftliches Leben von zahlreichen Menschen jüdischer Herkunft geprägt. Viele von ihnen waren bis zu den Unrechtsgesetzen der Nazis inspirierende Mitglieder der Universität und Stadtgesellschaft. Sie verallgemeinerten eine Kulturtradition des ebenbürtigen Disputes, des weltanschaulichen Streites, der Kritik und Widerrede als Teil menschlichen Strebens nach Wahrhaftigkeit und Emanzipation.

Als die Synagogen brannten, waren diese Mitglieder bereits Vertriebene; nahezu ohne Widerspruch von Seiten ihrer Kollegen und Kolleginnen. Die intellektuelle Unterdrückung bereitete die Verwüstung ganzer Weltteile vor.

Es ist eine notwendige Lehre, dass dies nie wieder geschehen darf. Wehret den Anfängen! Es gibt nichts zu beschweigen! Zu lernen ist auch: Die Erkenntnis der Gleichheit aller Menschen ist Lebensbedingung für Wissenschaft, die der Menschheit dient. Das Recht auf gleiche Teilhabe an Bildung und am Fortschritt wissenschaftlicher Entwicklungen ist integraler Bestandteil wahrhafter Souveränität der Völker.

Wir gedenken in dieser Zeit in dem Bewusstsein, dass Vorurteil und Gewalt immer neu zur Rechtfertigung schädlicher Vorurteile und neuer Gewalt benutzt werden können.stets eine schädliche Einheit bilden. Gerade deshalb müssen Wissenschaft und Bildung verhärtete Fronten akut auflösen. Sie müssen Antisemitismus genauso wie antimuslimischen und anderen Ressentiments ihre humanistische Rationalität entgegensetzen. Analytische Klarheit und menschliche Anteilnahme können Verständigung, zivilen Fortschritt und Frieden für alle Menschen fördern.

Folgerungen aus dem Aufkommen und der Ausbreitung der Nazi-Barbarei sind in den Vereinten Nationen und ihren Grundsatzdokumenten im Wesentlichen gezogen. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, sie zu verwirklichen und für Alle eine bessere Zukunft zu schaffen.

Der AStA wird beauftragt, ein Konzept für eine Gedenkarbeit aus der Studierendenschaft unter Einbeziehung jüdischer Studierenden zu entwerfen, diese umzusetzen und den dem Studierendenparlament auf der Sitzung in 2025 (voraussichtlich 9. Januar) zu berichten.

Das Studierendenparlament will mit dem AStA zusammen Verantwortung dafür übernehmen, die jährliche Mahnwache am 9. November von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschisten“ (VVN-BdA) und der Universität Hamburg mitzugestalten, sowie dazu ausgreifend zu mobilisieren, und ggf. einen Redebeitrag aus der Studierendenschaft beizusteuern.

[Der Beschluss als Dokument]